Wer denkt, dass wir nur rustikal mit Wanderschuhen und Rucksack können und unsere Mahlzeiten aus Dauerwurst und Tütensuppen bestehen, der irrt.
Da wir in der glücklichen Lage sind, im Umkreis von einer Stunde Autofahrt ein Dutzend Sternerestaurants, darunter solche Perlen wie die Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach und die …Auberge d’Ill in Illhäusern oder der Hirschen in Sulzburg, erreichen zu können, ist es quasi naturgegeben, dass es uns hin und wieder in solche Schlemmeroasen zieht
Aber da kein Mensch, und wäre er auch noch solch ein Gourmet, ständig Zwei- oder Dreisternemenüs essen möchte – dafür sorgt schon die Limitation durch des Normasterblichen Geldbeutel – gibt es Gott sei Dank im Schwarzwald die „Gutbürgerlichen“ Restaurants und Gasthäuser.
Und die müssen sich vor ihren großen Kollegen nicht genieren, da sie sich auch auf die Fahne geschrieben haben, was deren Sterne rechtfertigt: frische, kreative Küche mit Zutaten aus der Region, abgeschmeckt mit Kräutern und Aromen aus der Natur, begleitet von heimischen und erstklassigen Weinen.
Solch einen Glücksgriff taten wir letzen Samstag, ganz spontan, mit dem Hotel & Restaurant Der Hirschen im Glottertal, da die häusliche Küche beschlossen hatte zu pausieren.
Das Glottertal: ein Inbegriff vom Schwarzwald, erreichen wir in 30 Minuten. Wer kennt nicht die Schwarzwaldklinik und die gefühlsschwangeren Momente, in denen die Kamera auf ihrem Rundflug die sanften Hügel und sonnigen Täler einfing. Wer wollte nicht auch einmal ein Frühstück auf der Terrasse des Brinkmannschen Hauses genießen, mit traumhaftem Rundumblick ins Tal.
Und das Glottertal hält, was es schon in den 80igern versprach. Es ist eine Idylle – geranienrotgeschmückte Hotels, Restaurants und schmucke Schwarzwaldhöfe reihen sich auf der L112, die sich bis St. Peter hinaufzieht, aneinander.
Das Hotel & Restaurant Hirschen liegt etwas abseits der Straße in einem 15.000 qm großen Park mit alten Thuja- und Mammutbäumen. Schon vor der Hotellobby grüßt das Wahrzeichen, der Hirsch, und entlang der ahnengeschmückten Diele gelangt man im Inneren in das schön ausgeleuchtete Restaurant, vorbei an einer dekorativen Fichtenholzwand. In deren Nischen stehen, dezent ausgeleuchtet, große Holzschnitzfiguren und der ganze Raum strahlt mit seinem Kachelofen eine wohltuende Ruhe aus.
Hans-Josef Strecker, der Inhaber persönlich, begrüßt uns und reicht die Karte, eine schöne Geste der Gastlichkeit.
Wir entscheiden uns für das Sommermenü – eine Entscheidung, die wir nicht bereuen werden, wie sich bereits kurz nach der Bestellung zeigt.
Uli ist lediglich beim Dessert unschlüssig und bestellt dann doch eines à la Carte.
Als Amuse bouche kommen Lachstartar mit fruchtigem Fenchelsalat und eine klare Fischsuppe. Alles schön in kleinen schlanken Gläsern arrangiert und perfekt aufeinander abgestimmt, das hausgemachte Brot rundet dieses kleine Entree ab. Wir sind schon mal ziemlich angetan.
Der zuvor georderte offene halbe Liter Grauburgunder vom hoteleigenen Weingut kommt perfekt temperiert.
Die Vorspeise zeigt sich erfrischend kombiniert. Auf hauchdünnen Wassermelonentranchen liegt fein geräucherter Schwarzwaldschinken gepaart mit auf den Punkt gegrillten Riesengarnelen, ganz leicht mit Orangensoße parfümiert und mit herbscharfen Kresseblättchen dekoriert. Passt perfekt zusammen und wir genießen.
Als Hauptgericht erfreut uns die rosa Entenbrust mit Blumenkohlröschen und Kartoffel-Zwiebelstampf an Portweinsoße. Die Entenbrust ist wirklich rosa, das Fleisch hauchzart und aromatisch. Der Kartoffel-Zwiebelstampf passt in seiner dezenten Schärfe sehr gut zur Portweinsoße. Hier hätte ich gerne zum Schluss einen Soßenlöffel gehabt; so wurde die Soße mit Brot aufgenommen.
Der Grauburgunder harmoniert aufgrund seiner Aromafülle gut auch zur Ente, Uli zieht dennoch ein Glas Spätburgunder vor. Auch dieser vom hoteleigenen Weingut, mit kräftigen Rot im Glas.
Das Dessert bringt eine kurze Überraschung mit sich, denn wir bekommen beide das Dessert aus dem Sommermenü. Nach kurzem Zögern entschließt sich Uli, es dabei zu belassen, nicht ohne Herrn Strecker, der serviert, darauf hinzuweisen, dass er eigentlich ein Dessert à la Carte bestellt habe.
Und das Dessert erweist sich als krönender Abschluss. Das Charentaismelonensüppchen ist zwar das Schwächste in der Trilogie, aber dennoch schön erfrischend. Dafür punktet die Panna Cotta von der Kokosnuss mit einem fruchtigen Passionsfruchtspiegel. Und das Joghurt-Limetteneis überzeugt mit seiner Frische und dem herben Aroma.
Mittlerweile kam auch Herr Strecker wieder an unseren Tisch, um sich für die kleine Dessertpanne zu entschuldigen. Es sei seiner Unachtsamkeit zu verdanken, dass Uli nun nicht seine gewünschte Nachspeise bekommen habe.
Allein das ist schon mal eine besondere Notiz wert, dass sich der Chef höchstpersönlich seinen „Fehler“ zuschreibt und als Entschädigung einen Kirsch serviert. Aber wie positiv überrascht waren wir, dass kurz darauf eine Mitarbeiterin Uli sein gewünschtes Dessert doch noch brachte.
Zitronegras-Creme brulée, Mandelschnitte mit Vanilleeis und Rotweinpflaumen. Und meine Frage, ob er denn das alles noch schaffe, war obsolet, denn dafür sah diese Komposition zu lecker aus.
Zwei Schwarzwälder Kirschwasser aus der hauseigenen Brennerei zum Espresso rundeten dieses absolut spitzenküchentaugliche Menü ab. Wir ziehen unseren Hut vor der engagierten und kreativen Küchenbrigade des Hirschen im Glottertal.
Wen es noch interessiert: für das ganze Menü inklusive aller Getränke gaben wir einen Hunderter aus. Für uns ein absolut gerechtfertigter Preis. Denn es stimmte alles: Ambiente, Service und Küche.
Falls wir den Kirsch mit nach Hause hätten nehmen wollen: die hauseigenen Brände in der 0,7 Liter-Flasche sind für knapp 17 Euro zu erstehen. Auch da könnte sich manch Edelbrenner weiter im Süden eine Scheibe abschneiden.
Solche Restaurants finde ich klasse und gefühlt gibt es die letzten ca. fünf Jahre zum Glück auch immer mehr davon, die selbst kochen ohne viel Convenience und mit regionalen saisonalen Produkten. Danke für den Tipp!
Auf Reisen esse ich auch oft etwas einfacheres, manchmal sind aber auch Perlen dabei, an die ich mich mein ganzes Leben erinnern werde, genauso wie an mein Essen in der Schwarzwaldstube.
Uns geht es genauso liebe Barbara. Deshalb soll das Genießen hier auch nicht zu kurz kommen. Wir schreiben immer wieder mal über einen guten Tipp und freuen uns dann sehr, wenn das auch anderen gefällt. Dir ein schönes Wochenende.