…oder wie Fügungen das Leben bestimmen. Es ist ein wunderschöner goldener Oktobertag, mein letzter Fastentag. Wir planen eine gemütliche Schwarzwaldwanderung vom Kohlerhof über den Panoramaweg schön in der Sonne zum Gießhübel und zurück. Anschließend wollen wir uns beim Night Spa in unserem Lieblingshotel „Die Halde“ auf dem Schauinsland entspannen. Doch der Tag hielt noch ein paar Überraschungen für uns bereit.
Zum Kohlerhof, auf den wir gespannt sind, weil wir ihn noch nicht kennen, führt ein 7 km Waldweg von Ehrenstetten aus. Man fährt Richtung Bollschweil, dann rechts ab, der Weg ist ausgeschildert. Es ist 22 Grad, wir genießen die Cabrio-Fahrt durch dichte Laubwälder. Doch zurück zur Fügung. Am Anfang der Strecke findet sich der Schlierberghof, ein Bauernhof mit Hofladen, der ökologischen Landbau betreibt. Dagmar möchte unbedingt noch Nüsse kaufen, wir fragen und bekommen welche. Die Walnussernte ist in diesem Jahr schlecht gewesen, doch wir haben Glück. Im Gespräch mit der Besitzerin erfahren wir, dass ihre Tochter Sonners Heinehof betreibt, dieser sei einen Besuch wert, man könne dort nicht nur die eigene Rinderzucht von Limousin-Rindern bewundern, nein es gebe in der Gastwirtschaft auch noch andere Köstlichkeiten. Schon haben wir einen Prospekt in der Hand, es sieht auch wirklich verlockend aus, doch unsere Planung ist ja heute eine andere.
Gegen Mittag kommen wir beim Kohlerhof an. Der Parkplatz ist gut belegt, die Terrasse voll, es scheint hier gute Küche zu geben, zumindest nach der Zahl der Gäste zu urteilen. Wir beschließen, erstmal was zu essen, Dagmar hat ein leckeres Picknick dabei, ich schlürfe mein Fastensüppchen aus der Thermoskanne, das ganze selbstverständlich mit Blick über eine traumhafte Herbstfärbung mit der Rheinebene und den Vogesen als Hintergrund. Nach 0,7 l Suppe bin ich satt und jetzt neugierig, was denn hier so auf der Karte steht. Vollkommen überrascht lese ich den Aushang über die Burgunderabende im Kohlerhof, 5 Veranstaltungen – alle ausgebucht. Zugegeben, von der Freiterrasse waren wir nicht so begeistert, Plastikstühle und eher liebloses Ambiente schmälern deutlich den Genuss der fantastischen Aussicht, das geht bestimmt attraktiver, jedoch drinnen findet man eine wirkliche gemütliche Gaststube vor. So war der Entschluss schnell gefasst, die letzten beiden Plätze am 2. November gehören uns. „Das Angebot liegt schon über der üblichen Hüttenbewirtung, …ab und zu gibt es in dem motiviert und persönlich geführten Haus auch mal ein etwas aufwendigeres Menü..“ schreibt Wolfgang Abel in seinem Buch „Südschwarzwald“. Wir sind gespannt und freuen uns auf Kürbissüppchen, Wildschweinragout mit Pfifferlingen und Rotkraut und einen Bratapfel, begleitet von einem speziellen Spätburgunderrotwein, na für irgendwas muss das Fasten ja gut sein J.
Die Fügung nimmt ihren Lauf, wir studieren die Wegweiser und stellen fest, nach St. Ulrich sind es 3 km. Ein Blick rüber nach Geiersnest, ein sonnenreicher Weg zeichnet sich am Horizont ab…und schon ist umgeplant, wir wollen zum Heinehof. Wären wir also vorher nicht auf dem Schlierberghof gewesen..und hätten wir nicht dieses nette Gespräch gehabt…wir hätten unsere Planung sicher nicht geändert….Fügungen, die das Leben bestimmen.
Der Weg nach St. Ulrich führt uns auf einem sonnigen Mischwaldweg zur nächsten Überraschung. Plötzlich stehen merkwürdige Skulpturen im Wald und auf einem Wegweiser lesen wir „Lebensweg“, der von jetzt an auch unser Weg nach St. Ulrich ist. Wir sind am Haltepunkt „Entscheidung“, werden wir später lernen. Wegkreuzung, verschiedene Möglichkeiten, Wahl, die Entscheidung liegt bei mir. Verantwortlich leben heißt entscheiden.
Die zentralen Fragen, mit denen sich der Wanderer auseinandersetzen soll, lauten: Welche Entscheidung steht in meinem Leben an? Woran orientiere ich mich? Woran nehme ich Maß? Welche Werte will ich zugrunde legen? Welchen Weg wähle ich?
Von nun an treffen wir bis zu unserem Ziel auf mehrere dieser Haltepunkte, wissen aber zum Zeitpunkt der Wanderung nichts damit anzufangen, weil es keinerlei Erklärungen gibt. Auf www.lebensweg-st-ulrich.de wird uns später dieser spirituelle Rundwanderweg von 3,8 km Länge ausführlich erklärt: „Der Lebensweg orientiert sich an der Natur. Er lädt ein, im Gehen und Innehalten über den eigenen Lebensweg nachzudenken. An 15 Haltepunkten, beginnend beim Bildungshaus Kloster St. Ulrich werden Elemente aus der Natur und Landschaft mit Lebensthemen verbunden. Das Künstlerehepaar Barbara Matt und Andreas Breineder haben die Aussagekraft der einzelnen Stationen kreativ herausgearbeitet. Unterschiedliche Begleithefte liefern Denkanstöße und ermöglichen es, den Weg aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Eine geführte Wanderung für eine Frauengruppe begann gerade, als wir das Kloster erreichten – am ersten Haltepunkt „Aufbruch“. Wir gingen langsam und ruhig vorbei, um die Stimmung und die Strahlkraft der gerade vorgelesenen Worte nicht zu stören. Für uns ist bereits beschlossen, dass wir den Lebensweg demnächst in seiner ganzen Schönheit erkunden wollen, um das alte Jahr zu reflektieren und uns auf das Neue einzustimmen.
Noch 600 m bis zum Heinehof sagt der Wegweiser und wir laufen in der Nachmittagssonne bergan. Sonners Heinehof ist ein landwirtschaftliches Idyll mit inzwischen sogar eigener Kapelle. Die Sonnenterrasse bietet längst nicht die spektakuläre Aussicht wie beim Kohlerhof, ist aber mit schönen Holztischen und –bänken, sowie neutralen Sonnenschirmen sehr einladend hergerichtet. Rindfleischspezialitäten aus der eigenen Zucht, Vesper aus eigener Schlachtung, Steinofenbrot und Kuchen aus der Hofbackstube, naturtrüber Apfelsaft von den eigenen Streuobstwiesen, was wollen wir mehr.
Einkehren in der Natur nennt es der Heinehof. So langsam brauche ich enorme mentale Stärke an diesem letzten Fastentag und belasse es bei einer Traubenschorle, während Dagmar natürlich nicht an einem leckeren Quittensorbet vorbei kommt – selbstverständlich vom Eckhof in Horben, dessen tolles Eis inzwischen so einige Speisekarten in der Umgebung veredelt. Auf dem Heinehof kann man für 30 € pro Person auch übernachten, ein echtes Bauernfrühstück und Hofführung inklusive. Natürlich treten wir den Rückweg nicht an, ohne die kleine Kapelle zu besuchen. Die auf deren Sonnenseite aufgestellte Papstbank lädt uns freundlich dazu ein, den Vitamin-D-Spiegel noch etwas anzuheben und so vergeht die Zeit.
Der Rückweg wird ein ambitioniertes Sportprogramm, denn um 18 Uhr wollen wir im Hotel Halde zum Night Spa sein. Zu Fuß wären es vom Kohlerhof nur 6,5 km, mit dem PKW jedoch müssen wir zurück nach Ehrenstetten und von dort über Staufen und Münstertal zum Schauinsland.
Wir schaffen es bis 18.30 Uhr. Jetzt heißt es runterkommen. Es fällt uns nicht schwer, in dieser liebevoll eingerichteten, wunderschönen Saunalandschaft sofort den Hebel umzulegen. Wir werden nett begrüßt, bekommen kurz das Spa erklärt und einen Korb mit Handtüchern, Bademantel und Badeschlappen in die Hand gedrückt. Alles perfekt, auch eine kleine Lounge mit Granderwasser, Tee, Obst und Zeitschriften gehört zum Spa und wer nicht unbedingt nach der Sauna ins Schwimmbad will, kann sich draußen im Naturbadeteich abkühlen. Es liegen 3,5 Std. Entspannung vor uns, die wir bis zur letzten Minute genießen. Ein Drink in der Hotelbar soll den Abend beschließen.
Wir suchen in der Karte nach etwas Antialkoholischem und erleben noch ein letztes Highlight, den PriSecco der Manufaktur Geiger in Schlat bei Göppingen. Hier werden im Streuobstparadies des Albtraufs alte Obstsorten sortenrein kultiviert. Aus Äpfeln und Birnen macht der Obstweinerzeuger des Jahres 2010 „Trockenen Weißwein – Holzapfel“, „Süßen Weißwein – Eisapfel“ oder den Schaumwein „Champagner Bratbirne“. Wir probieren den Prisecco „weißfruchtig“ und „Rosenzauber“, eiskalt serviert. Was wir vollkommen begeistert schmecken, wird so beschrieben (weißfruchtig):“…Traube, Pfirsich und Zitrone vermehren die Geschmackseindrücke. Handgezupfte Holunderblüten, erlesene frische Duft- und Heilkräuter und ausgesuchte Gewürze verleihen Dichte, Aromenspiel und Würze.“ Jörg Geiger hat einen Onlineshop, so kann man sich dieses Geschmackserlebnis auch nach Hause holen. Ja …und nach Hause fahren wir nun.
Voller neuer Eindrücke beschließen wir diesen Tag – es war ein toller Tag.
Fazit:
- Schöne Wanderung 7 km für einen Nachmittag, 3-4 Std. mit viel Muße, reine Gehzeit 2 Std.+, gut beschildert
- Der Kohlerhof bietet schöne Aussicht, die Küche wird empfohlen
- Das Kloster mit Bildungszentrum ist die Attraktion von St. Ulrich.
- Hier gibt es Begleithefte für den Lebensweg.
- Der Lebensweg ist ein schöner Rundweg 3,8 km, separat zu gehen,
für ein Selbstcoaching geeignet oder geführt in der Gruppe - Der Heinehof bietet viele Produkte aus ökologischem Landbau, eine Gastwirtschaft mit schöner Terrasse und eigener Hofbackstube sowie 2 Zimmer zum Übernachten
- Das Hotel Halde auf dem Schauinsland ist nach jeder Wanderung eine Empfehlung
- Night Spa kann man von Do bis So von 18-22 Uhr reservieren.